letzte Kommentare / Like. goetzeclan / Ja, eine gewisse... mark793 / Ja, es hat mich... goetzeclan | |
09
Juli 14
Day One.
Gestern war Day One die App der Woche, und da habe ich kostenlos geladen was ich vor ein paar Wochen, als ich in der Tagesklinik war, kaufen wollte.
Tagebuch. Das wollte ich schon immer schreiben. Und ich habe viel geschrieben, in Blogs und zuletzt auf Facebook. Nicht so sehr als Dokumentation meines Lebens, wie ein Beamter seinen Spleen dokumentiert, ohne Sinn und Verstand und nur des dokumentieren willens, sondern viel mehr als Kommentar zum Leben. Ich dokumentierte meine Gedanken, Ansichten und auch Einsichten, die ich aus dem Erlebten in dieser Welt gezogen habe. Was ich also bisher schrieb, waren Reflexionen auf den Lauf der Zeit, und nicht so sehr die Beschreibung meiner Handlungen. In gewisser Hinsicht ist meine Variante von Tagebuch vielleicht besser als das stumpfe notieren von Handlungen. Aber Blogs und Facebook sind öffentlich. Und ich wollte das auch so. Ich wollte andere an meinen Reflexionen teilhaben lassen, um wiederum ihre Reflexionen zu den Gedanken und Erlebnissen zu erfahren. Ich wünschte mir einen Austausch, bei dem ich und vielleicht andere Gewinn aus den Gedanken des jeweils anderen ziehen konnte. Dieses Projekt ist gescheitert. Nach meinen persönlichen Erfahrungen aus 10 Jahren Bloggen und vier Jahren bei Facebook lässt sich nüchtern betrachtet sagen, kaum jemand ist an einem Austausch von Gedanken interessiert. Allerdings ist jeder an der Konfrontation interessiert die sich ergibt, wenn man die Gedanken des anderen angreift, negiert oder lächerlich macht. Ja es scheint, als wenn die Menschen mit denen ich in dieser Zeit seit 1998 elektronisch zusammengetroffen bin, eine Freude daran haben, meine Gedanken, Ideen und Einsichten eher destruktiv zu verwenden, als konstruktiv damit umzugehen, um beiden Seiten einen Gewinn zu bringen. Das könnte an mir und meinen Gedanken liegen. Oder an den Menschen. Meine Hauptschulbildung habe ich immer als Mangel angesehen. Es fiel mir immer schwer zu lernen, wie es eine Schule verlangt. Fakten im Schweinsgalopp von einem Eintrag im Lehrplan zum nächsten einzusaugen und abrufbereit für den anstehenden Test wieder zur Verfügung zu stellen, fällt mir körperlich schwer. Und ich habe lange gebraucht um diese neun Jahre wieder loszuwerden, und dann einen anderen Weg zu wählen. Am Anfang dieses Weges stand die Frage, wie geht Nachdenken eigentlich? Nach einiger Zeit und ein paar fruchtlosen Recherchen kam ich zu einem Ergebnis, das ich bis heute als relevant ansehe. Man denkt nach, in dem man Erlebnisse mit früher Erlebten in Verbindung bringt, und daraus Schlüsse zieht. Wenn das stimmt, und ich habe bisher keinen Grund daran zu zweifeln, wird das Ergebnis des Nachdenkens besser, je mehr man auf frühere Erlebnisse zurückgreifen kann. Und konsequenterweise werden die Ergebnisse noch darüber hinaus an Qualität zunehmen, wenn die Erlebnisse anderer in diesen Prozess eingefügt werden können. Nicht umsonst hat die Fähigkeit zum Lesen und die Verfügbarkeit von Büchern einen hohen Einfluss auf die Qualität von Gedanken. Was aber, so dachte ich damals, wenn ich beim Nachdenken nicht nur auf das selbst Erlebte, und das anderer aus Büchern zurückgreifen könnte, sondern darüber hinaus in Kontakt mit anderen treten könnte, um Fragen, die auch beim Lesen von Büchern offen bleiben, im direkten Kontakt zu beantworten? Und wenn schon nicht gleich beantworten, dann doch zumindest neue Gedankenanstöße zu bekommen? Dieses Verfahren hat eine deutliche Hürde. Sie setzt voraus, das beide Seiten an einem Erkenntnisgewinn interessiert sind, und die Gedanken des jeweils anderen in die eigenen Gedanken einsickern können. Aber »Die meisten Menschen hören nicht zu um zu lernen, sondern um zu antworten.« Ich möchte dieses Zitat von dem mir unbekannten Verfasser ergänzen um den Zusatz, oder um zu zerstören. Natürlich trifft man auf seiner Reise mit vielen Menschen zusammen. Und nicht alle sind an einem Austausch interessiert. Aber als Quintessenz aus den vielen Jahren des elektronischen Gedankenaustausches ziehe ich für mich den Schluss, es sind verschwindend wenige. Dem gegenüber gibt es eine Lust am Untergang und Morbiden da draußen, die ich nicht teile, und die mir Wesensfremd ist. Es gibt ein Vergnügen an negativer Kritik, die mir ebenso fremd ist. Es gibt eine erschreckend niedrige Fähigkeit zum Textverständnis bei den meisten Menschen die ich bisher angetroffen habe. Was aber immer im ausreichenden Maße vorhanden war, ist der Wille zum aktiven Missverstehen, zur selektiven Wahrnehmung und der alles verzehrenden Lust am Spott. Mir ist klar, dass ich mit diesen Worten vielen vor den Kopf stoßen werde. Leider den Meisten zurecht. Die wenigen die das nicht betrifft werden wissen dass sie nicht gemeint sind. Und heute nun blicke ich zurück und sehe, ich habe vieles gelernt in dieser Zeit, was ich lieber nicht gelernt hätte. Anstatt konstruktiv an der Welt teilzunehmen ist das Wesen des Menschen nach meiner Betrachtung überwiegend auf sich selbst, auf seinen Vorteil und zur Befriedigung seiner Bedürfnisse ausgerichtet. Kommunikation ist dabei ein Mittel zur Unterhaltung, nicht zur Entwicklung. »Edel sei der Mensch, hilfreich und gut! Denn das allein unterscheidet ihn von allen Wesen, die wir kennen.« Siehe: http://www.pinselpark.de/literatur/g/goethe/poem/edel.html Zu behaupten, meine aktuelle Depression, die mich wirklich übel quält, und die mich wie ein Schiff über einen unruhigen Ozean treibt der nirgends einen Hafen zu bieten hat, sei auf meine Erlebnisse im elektronischen Raum zurückzuführen, ist sicher übertrieben. Mir scheint aber, sie haben einen relevanten Anteil daran. Ich wollte schon oft damit Schluss machen. Aber so schrecklich ist der Austausch mit den wenigen Anderen dann doch wieder nicht, als das ich bisher darauf verzichten möchte. Manchmal denke ich, es lohnt sich vielleicht doch, sich durch den Schweinetrog zu wühlen, um die eine oder andere unerwartete Perle zu finden. Ich habe ein Talent mich unbeliebt zu machen und den Menschen vor den Kopf zu stoßen. Aber wenn das dadurch geschieht, dass ich meine wahren Gefühle offenbare, dann ist das halt so. Ich muss zwar die Konsequenzen tragen, mir aber dafür keine Vorwürfe machen. Denn die Alternative ist zu lügen oder zu schweigen. Beides kann und will ich nicht. Noch nicht …
22
Mai 14
Man muss auch gönnen können.
Der Wahl am Sonntag fiebern vor allem Europaskeptiker voller Erwartungen entgegen. Es scheint tatsächlich, als wenn klassische rechte und nationale Themen in dieser Wahl Stimmen fangen können.
Ich habe mich gefragt, was für mich Europa ist, und warum ich mit einem unklarem Bauchgefühl daran festhalte? Heute ist es mir eingefallen. Als Kind in den 1970er-Jahren war Spanien Ausland. Italien und Griechenland auch. Sogar Österreich, das ja im weiteren Sinne die gleiche Sprache spricht wie ich, war ganz klar Ausland. Jemand anders. Es gab Grenzen, und da stand man mit dem Auto in einer Schlange, und wartete darauf kontrolliert und inspiziert zu werden. Der skeptische Blick des Grenzbeamten bei der Ausreise ins Wageninnere ist in mir eingebrannt. Er schaut sich um, schaut mir ins Gesicht. Ein paar dutzend Meter weiter das gleiche für die Einreise. Nur die Uniformen waren anders. Heute ist Europa für mich keine Bezeichnung einer Landmasse mehr, die von unterschiedlichen Völkern bewohnt wird, und die zwischen ihren Grundstücken Zäune gezogen haben. Heute ist Europa für mich ein Land, das von Menschen in verschiedenen Regionen bewohnt ist, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten haben. Gemeinsamkeiten die verbinden, und Unterschiede die bereichern. Die anderen sind nicht mehr fremd. Spanien ist kein Ausland mehr. Wir sind eine große Gemeinschaft, die zwar immer noch in vielen Dingen unterschiedliche Ansichten haben, die aber für sich beschlossen haben, zusammen zu leben. Das ist ein wenig so wie diese Reihenhaussiedlungen. Alle Menschen dort haben ihre Eigenarten und eigenen Grundstücke. Aber sie haben beschlossen die Zäune in ihren Gärten zu entfernen, so dass man viel einfach zueinander kommen kann. Man kann einfacher miteinander spielen, und miteinander am Sommerabend grillen, und probieren, was der Nachbar auf dem Grill hat. Ich mag das. Ich sehe Europa als Bereicherung. Und die Fratzen, die alle als Feinde ansehen, ihren Besitz zusammenraffen und Zäune ziehen und Türen schließen, weil sie Angst vor dem anderen haben, die sollen doch gehen. Möglichst bald. Und ihre Zaunfabrik gleich mitnehmen. Und ihren riesigen Schlüsselbunde um überall schön abzusperren. Die Figuren, die einen Plan aufstellen wollen, wann die Kinder auf der nun gemeinsamen großen Wiese Fußball spielen dürfen, oder die gegen Nachbarn schlecht reden weil ihr Essen nach Knoblauch riecht, die sollen doch bitte gehen. Weit weg bitte. Und die in Ruhe lassen, die die ewigen Nachbarschaftsstreite dadurch auflösen wollen, in dem sie gemeinsam leben, und nicht nebeneinander …
03
April 14
Musik machen, in dem man keine Musik macht
„Die rechte Kunst“ rief da der Meister aus, „ist zwecklos, absichtslos.“
Eugen Herriegel, Zen in der Kunst des Bogenschießens, Seite 40 Weil die Kunst auf dem Weg zum Zen unerheblich ist, kann auch die Musik als Weg zum Zen verwendet werden. Dabei scheint es wichtig, intensiv zu üben, bis alle Bewegungen wie Wasser fließen. Und in diesen Übungen sich zu verlieren, das Ich aufzugeben, und den Zweck. Absichtlich absichtslos werden, um dann die Kunst auszuüben, und sich von der Kunst bewegen zu lassen. Musik machen, in dem man eben keine Musik macht. Dann entsteht Musik wenn man in ihr ist, und die Musik ist in einem, wenn sie entsteht. Ich spiele die Musik, und die Musik spielt mich. Dazu bedarf es lange Jahre der Übung, der Meditation, und der Fähigkeit sich von den Dingen die uns umgeben zu lösen. Ich habe das alles nicht getan. Doch manchmal sitzt man tief versunken an einem Instrument, ist ohne Absicht, gelöst von seiner Umgebung, in sich versunken und leer, und die Finger bewegen sich ohne Aufforderung. Und dann öffnet sich der Vorhang einen winzigen Spalt, und die Musik spielt einen, und man spielt mit der Musik, ohne Absicht, im Einklang mit ihr. Auf diese Weise ist die Basis für dieses Stück hier entstanden. An einem ruhigen, sonnigen Nachmittag, verloren in Zeit und Raum, ohne Zweck und ohne Absicht. Die Musik kam von alleine, weil ich sie einlud, und nicht herbei zwang …
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